Recht – Aktuelle Rechtslage
Informationen zur aktuellen Rechtsprechung, zu Urteilen und geplanten Gesetzesvorhaben sowie weiteren Rechtsfragen, die insbesondere lsbtiq* Menschen betreffen, finden Sie hier:
Ehe, Adoption, Abstammung
Trotz der Eheöffnung für gleichgeschlechtliche Paare kam es noch zu keiner Gleichstellung zwischen Ehemännern und den verpartnerten/verheirateten „Mitmüttern“ im Abstammungsrecht. Die Adoption von Stiefkindern ist weiterhin für Familien mit zwei Müttern die einzige rechtliche Möglichkeit, die gemeinsame Elternschaft zu bekommen. Die Eheöffnung hat jedoch gleichgeschlechtliche Paare mit heterosexuellen Paaren beim Adoptionsrecht gleichgestellt.
Adoption/Stiefkindadoption
Wie läuft das Verfahren zur Stiefkindadoption ab? Was gilt es zu beachten? Antworten liefert der LSVD-Rechtsratgeber.
LSVD-Positionspapier „Regenbogenfamilien im Recht“
Ausführliche Forderungen zur Anpassung des bestehenden Familienrechts hat der LSVD in seinem Positionspapier „Regenbogenfamilien im Recht“ erhoben.
Reform des Abstammungsrechts – Übersicht des LSVD
Der LSVD berichtet auf seiner Website chronologisch über die Entwicklungen zur Reform des Abstammungsrechts.
Paragraph 175
Mehr als zwei Jahrzehnte hielt die Bundesrepublik an den Fassungen der Paragraphen 175 und 175a aus der Zeit des Nationalsozialismus fest, wonach sexuelle Handlungen zwischen erwachsenen Männern unter Strafe standen. 1969 kam es zu einer ersten, 1973 zu einer zweiten Reform. Seitdem waren sexuelle Handlungen Erwachsener mit männlichen Jugendlichen unter 18 Jahren strafbar, während ansonsten die Schutzaltersgrenze bei 14 Jahren lag. Erst nach der Wiedervereinigung – im Jahr 1994 – wurde der Paragraph 175 auch für das Gebiet der alten Bundesrepublik ersatzlos aufgehoben. Seine Auswirkungen auf die Betroffenen sind weitreichend, Entschädigung und Rehabilitierung bisher eine Seltenheit.
Für Homosexuelle, die nach dem §175 StGB nach 1945 strafrechtlich verfolgt wurden, wurde ein Gesetz zur Entschädigung erlassen.
- Informationen des Bundesamts für Justiz zu der Entschädigung nach dem StrRehaHomG und der Richtlinie
- Erfahren Sie mehr über die Rehabilitierung verfolgter Homosexueller nach §175 StGB auf der Seite der Antidiskriminierungsstelle (ADS)
Entschädigungsrecht
Das „Soziale Entschädigungsrecht“ regelt die Kompensation von erlittenen Sach- und Personenschäden und ist auf die Kriegsopferversorgung zurückzuführen. Im Dezember 2019 wurde das Entschädigungsrecht neu geregelt. In Zukunft können auch Opfer psychischer Gewalt Leistungen des Sozialen Entschädigungsrechts erhalten. Opfer von Gewalttaten werden unabhängig von ihrer Staatsangehörigkeit und ihrem Aufenthaltsstatus gleichbehandelt.
Schutz vor Konversionsbehandlungen
Homosexualität und Transgeschlechtlichkeit sind keine Krankheiten und damit nicht heilungsbedürftig oder therapierbar. Aus diesem Grund sind sogenannte Konversionsbehandlungen seit dem 7. Mai 2020 verboten.
- Zum Artikel „Was sind Konversionsbehandlungen und wie können sich Betroffene schützen?“
- Deutscher Bundestag: Gesetz zum Schutz vor Konversionsbehandlungen
- Lob und Kritik für deutsches „Homoheiler“-Verbot - queer.de berichtet über Reaktionen der lsbtiq* Zivilgesellschaft
- Stellungnahme des Bundesverband Trans*
Weitere Informationen zu diesem Thema finden Sie auch in „Körper & Gesundheit“
Schutz vor medizinisch nicht notwendigen Operationen an inter* Kindern
Das Video berichtet von einer Familie in den Niederlanden, die keine unnötigen medizinischen Eingriffe an ihrem inter* Kind vornehmen lässt.
Seit dem 12. Mai 2021 schützt ein Gesetz Kinder mit Varianten der Geschlechtsentwicklung vor geschlechtsverändernden operativen Eingriffen:
Und hier der Link zur Bundestagsseite, mit Diskussionen/Beiträgen zum Gesetzgebungsprozess:
Selbstbestimmungsgesetz löst Transsexuellengesetz ab
Am 12. April 2024 hat der Deutsche Bundestag das Gesetz über die Selbstbestimmung in Bezug auf den Geschlechtseintrag und zur Änderung weiterer Vorschriften (SBGG) beschlossen. Damit werden trans*, inter* und nichtbinäre Personen ab dem 1. November 2024 die Möglichkeit haben, ihren Geschlechtseintrag und ihre Vornamen im Personenstandsregister durch eine einfache Erklärung gegenüber dem Standesamt ändern zu lassen.
Das SBGG wird das bisherige Transsexuellengesetz (TSG) ersetzen, das langwierige Gerichtsverfahren und psychiatrische Gutachten vorschreibt. Diese werden von den Betroffenen oft als sehr belastend empfunden und sind zudem mit nicht unerheblichen Kosten verbunden, die selbst aufgebracht werden müssen.
An die Änderung des Geschlechtseintrags waren früher Bedingungen geknüpft, die in besonderem Maße diskriminierend waren. So sah § 8 Abs. 1 Nr. 2 TSG die Pflicht zur Ehelosigkeit und damit die Scheidung bereits eingegangener Ehen vor. Diese Regelung wurde schon 2008 für verfassungswidrig erklärt und fiel in der Folge durch eine Gesetzesänderung im Jahr 2009 weg. § 8 Abs. 1 Nr. 3 und 4 TSG verlangten die „dauerhafte Fortpflanzungsunfähigkeit“ sowie einen die „äußeren Geschlechtsmerkmale verändernden operativen Eingriff“ mit dem Ziel, „eine deutliche Annäherung an das Erscheinungsbild des anderen Geschlechts“ zu erreichen. Auch diese Regelungen wurden 2011 vom Bundesverfassungsgericht für verfassungswidrig erklärt. Deren Anwendung wurde seitdem ausgesetzt.
Nicht zuletzt vor diesem Hintergrund wurde die Abschaffung des TSG von zivilgesellschaftlichen Verbänden schon seit vielen Jahren gefordert. Mit dem SBGG wird nunmehr auch die Notwendigkeit einer Vorlage psychiatrischer Gutachten entfallen.
Zu beachten ist, dass die Änderungen beim Standesamt drei Monate im Voraus angemeldet werden müssen und dass eine einjährige Sperrfrist für eine erneute Änderung besteht.
Häufig gestellte Fragen zum Gesetz beantwortet das BMFSFJ auf seiner Website.
Vornamen und Geschlechtseintrag ändern per „Transsexuellengesetz“
Wie trans* Menschen ihren Namen oder den Geschlechtseintrag in offiziellen Dokumenten ändern können, ist im sogenannten „Transsexuellengesetz“ geregelt. Dabei gibt es einiges zu beachten.
Alternativen zum Änderungsverfahren gemäß TSG
Nicht für alle, deren Vornamen und Geschlechtseintrag von ihrem Geschlecht oder ihrer Geschlechtsidentität abweichen, ist das Änderungsverfahren gemäß dem „TSG“ eine Option. Dann gibt es andere Möglichkeiten, um im Alltag mit passenden Namen und passender Anrede auftreten zu können.
Ratgeber des LSVD
Ratgeber des LSVD zur aktuellen Anwendung des TSG und Verweise auf Rechtsprechung:
Dritte Option
Neugeborene müssen laut Personenstandsrecht mit ihren Namen, ihrem Geschlecht und weiteren Angaben registriert werden. Seit Ende 2013 ist ein offener Geschlechtseintrag möglich, seit Ende 2018 auch der Eintrag „divers“. Wie erhält und ändert man nun welches amtliche Geschlecht?
- Dritte Option und Personenstandsgesetz §45b
- Infoartikel „w / m / divers / offen: der Geschlechtseintrag“
- Ratgeber des LSVD für inter- und transgeschlechtliche Menschen
- Informationen der Antidiskriminierungsstelle des Bundes zum Thema Geschlechtsidentität
- Informationsseite zum Personenstandsgesetz §45b
Umstritten ist, ob auch transgeschlechtliche Menschen die Möglichkeit haben, nach § 45 b PStG einen neuen Geschlechtseintrag zu beantragen. Der BGH hat im April 2020 entschieden, dass der Anwendungsbereich der § 45 b, 22 Abs. 3 PStG auf Personen beschränkt ist, die körperlich weder dem weiblichen noch dem männlichen Geschlecht zuzuordnen sind. Dies wurde von manchen Instanzgerichten bisher anders beurteilt. Eine Entscheidung des BVerfG dazu steht allerdings noch aus:
- Beschluss des Bundesgerichtshofs zum Personenstandsrecht
- Rechtsgutachten zum Verständnis von „Varianten der Geschlechtsentwicklung“ in §45b Personenstandsgesetz
- Befragung des BVT, gefördert durch das BMFSFJ, bestätigt: Viele trans* Menschen wünschen sich auch einen Geschlechtseintrag „divers“
Flucht, Asyl, Aufenthaltsrecht
Geflüchtete LSBTIQ* waren in ihren Heimatländern und auch auf der Flucht wegen ihrer sexuellen Orientierung oder geschlechtlichen Identität oft Diskriminierungen, Gewalt und Repression ausgesetzt. Nach der Ankunft in Deutschland beginnt das Asylverfahren. Alles Wichtige zur Unterstützung von geflüchteten LSBTIQ* und worauf geachtet werden muss, finden Sie hier:
Queere Geflüchtete richtig unterstützen
Viele Menschen werden aufgrund ihrer sexuellen Orientierung in ihren Heimatländern verfolgt und entschließen sich zur Flucht. Wie können Sie sie in ihrem Asylverfahren unterstützen? An wen können Sie sich bei Fragen wenden?
LSBTIQ* im Kontext von Flucht
Was erwartet lsbtiq* Geflüchtete bei der Anhörung? Welche Rechte haben sie? Wie können sie sich bei der Unterbringung gegen Gewalt und Diskriminierung schützen?
Leitfaden für lsbtiq* Geflüchtete in Deutschland
Dieser Leitfaden von Queer Refugees gibt Hinweise zum Asylverfahren.
Rechtsratgeber für LSBTIQ* zum Asylverfahren in Deutschland
Der LSVD berät auf seiner Website zum Asylrecht für lesbische, schwule, bisexuelle, trans* und inter* Geflüchtete: Was ist im Asylverfahren zu beachten? Wie ist die aktuelle Rechtsprechung?
Die GGUA Flüchtlingshilfe informiert über sozialrechtliche Rahmenbedingungen nach § 24 AufenthG.
Rechtliche Expertise - Zugang zu trans* spezifischen medizinischen Leistungen im Asylverfahren
Die Schwulenberatung Berlin behandelt in ihrer Expertise die individuelle Bedarfsfeststellung und Unterstützung von lsbtiq* Geflüchteten bei der Inanspruchnahme trans* spezifischer medizinischer Leistungen.
Zur Publikation
Glossar LSBTIQ* und Flucht
Das Glossar der Schwulenberatung Berlin soll Menschen, die im Bereich Flucht tätig sind, bei der Arbeit mit LSBTIQ* unterstützen, indem es wichtige Begriffe erklärt.