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Vornamen und Geschlechtseintrag ändern: Alternativen zum Transsexuellengesetz

Nicht für alle, deren Vornamen und Geschlechtseintrag von ihrem Geschlecht oder ihrer Geschlechtsidentität abweichen, ist das Änderungsverfahren gemäß dem „Transsexuellengesetz“ eine Option. Dann gibt es andere Möglichkeiten, um im Alltag mit passenden Namen und passender Anrede auftreten zu können.

Für eine Änderung von Vornamen oder Geschlechtseintrag nach dem „Transsexuellengesetz“ (TSG) gelten strenge Kriterien, unter anderem die Vorlage von zwei Gutachten von Sachverständigen, zumeist Psychiater*innen oder Psycholog*innen. Wer dies für sich ablehnt und sich nicht psychiatrisch beziehungsweise psychologisch begutachten lassen möchte, kann diesen Weg nicht nutzen. Dann bietet sich eine der folgenden Möglichkeiten an.

Den eigenen Namen verwenden, auch wenn im Ausweis etwas anderes steht

Was scheinbar wenige Menschen wissen: Es gibt keine Pflicht, im Alltag den Vornamen zu verwenden und das Geschlecht anzugeben, die im Personenstandsregister eingetragen sind. In vielen Bereichen des Alltags kann der Vorname gewählt werden, den die betreffende Person zum Ausdruck ihrer Geschlechtsidentität selbst wählt.1

Nur in einigen wenigen Fällen muss der amtliche Name verwendet werden – nämlich, wenn vor Gericht, gegenüber Polizei, Behörden oder einer*einem Notar*in die Identität einer Person festgestellt werden soll.

Der dgti-Ausweis

Ob am Flughafen, bei Behörden oder auf der Post: Oft muss man zur Identifizierung den Ausweis vorzeigen. Das kann dann sehr unangenehm sein, wenn darin ein Name steht, der nicht zum eigenen Geschlecht passt. Oder wenn das Ausweisfoto nicht dem aktuellen Aussehen entspricht und das Gegenüber misstrauisch werden lässt.

Für solche Fälle stellt die Deutsche Gesellschaft für Transidentität und Intersexualität e.V. (dgti) einen Ergänzungsausweis aus, der von vielen Stellen anerkannt wird. Dieser enthält alle personenbezogenen Angaben, die Sie sich selbst ausgesucht haben und ein aktuelles Passfoto von Ihnen. Mehr Informationen dazu gibt es hier.

Den Geschlechtseintrag in „divers“ ändern oder streichen lassen

Seit 2013 ist es möglich, den Geschlechtseintrag offen zu lassen. Diese Regelung war ursprünglich für inter* Menschen gedacht. 2017 hat erstmals auch eine Person ohne intergeschlechtliche körperliche Merkmale, die sich weder als Mann noch als Frau versteht, die Streichung ihres Geschlechtseintrags erreicht.2 Nach einem Beschluss des Bundesgerichtshofs vom April 2020 ist es nach § 8 Transsexuellengesetz zudem möglich, den Geschlechtseintrag „divers“ zu wählen oder den Geschlechtseintrag ganz zu streichen.

Selbstbestimmungsgesetz löst Transsexuellengesetz ab

Am 12. April 2024 hat der Deutsche Bundestag das Gesetz über die Selbstbestimmung in Bezug auf den Geschlechtseintrag und zur Änderung weiterer Vorschriften (SBGG) beschlossen. Damit werden trans*, inter* und nichtbinäre Personen ab dem 1. November 2024 die Möglichkeit haben, ihren Geschlechtseintrag und ihre Vornamen im Personenstandsregister durch eine einfache Erklärung gegenüber dem Standesamt ändern zu lassen.

Das SBGG wird das bisherige Transsexuellengesetz (TSG) ersetzen, das langwierige Gerichtsverfahren und psychiatrische Gutachten vorschreibt. Diese werden von den Betroffenen oft als sehr belastend empfunden und sind zudem mit nicht unerheblichen Kosten verbunden, die selbst aufgebracht werden müssen.

An die Änderung des Geschlechtseintrags waren früher Bedingungen geknüpft, die in besonderem Maße diskriminierend waren. So sah § 8 Abs. 1 Nr. 2 TSG die Pflicht zur Ehelosigkeit und damit die Scheidung bereits eingegangener Ehen vor. Diese Regelung wurde  schon 2008 für verfassungswidrig erklärt und fiel in der Folge durch eine Gesetzesänderung im Jahr 2009 weg. § 8 Abs. 1 Nr. 3 und 4 TSG verlangten die „dauerhafte Fortpflanzungsunfähigkeit“ sowie einen die „äußeren Geschlechtsmerkmale verändernden operativen Eingriff“ mit dem Ziel, „eine deutliche Annäherung an das Erscheinungsbild des anderen Geschlechts“ zu erreichen. Auch diese Regelungen wurden  2011 vom Bundesverfassungsgericht für verfassungswidrig erklärt. Deren Anwendung wurde seitdem ausgesetzt.

Nicht zuletzt vor diesem Hintergrund wurde die Abschaffung des TSG von zivilgesellschaftlichen Verbänden schon seit vielen Jahren gefordert. Mit dem SBGG wird nunmehr auch die Notwendigkeit einer Vorlage psychiatrischer Gutachten entfallen.

Zu beachten ist, dass die Änderungen beim Standesamt drei Monate im Voraus angemeldet werden müssen und dass eine einjährige Sperrfrist für eine erneute Änderung besteht.

Häufig gestellte Fragen zum Gesetz beantwortet das BMFSFJ auf seiner Website.

1 Verwaltungsgericht Münster, Urteil vom 1. Juli 2014, Az. 1 K 3335/12, Rn. 34-35; Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 8. März 1988, Az. 1 BvL 9/85, 1 BvL 43/86, Rn. 53-56; SCHLAU NRW (2019): „Trans* und Schule. Infobroschüre für die Begleitung von trans* Jugendlichen im Kontext Schule in NRW“, S. 19 - 20. In: https://www.schlau.nrw/. Zuletzt abgerufen am 30.11.2022 von https://www.schlau.nrw/wp-content/uploads/2020/01/TransUndSchule_Brosch_2020_web.pdfLembke, Ulrike/ Tischbirek, Alexander (2019): „Kurzgutachten zum rechtlichen Spielraum der Hochschulen bei der Verwendung des gewählten Namens inter- und transgeschlechtlicher Studierender im Vorfeld der amtlichen Namensänderung“. In: http://ag-trans-hopo.org/. Zuletzt abgerufen am 05.12.2022 von http://ag-trans-hopo.org/Materialsammlung/Material_Rechtliches/GutachtenTIN-Vornamen_2019-10-20_UL+AT.pdf.

2 Oberlandesgericht Celle, Beschluss vom 12. Mai 2017, Az. 17 W 5/17. Anonymisiertes Dokument. Zuletzt abgerufen am 19.12.2017 von www.lsvd.de/fileadmin/pics/Dokumente/Rechtsprechung8/OLGCelle170511.pdf.