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Queersein und Glaube

Religion und Homosexualität gelten oft als Gegensatz. Auch für Menschen, die nicht in ein einfaches Mann-Frau-Schema passen, können religiöse Kontexte schwierig sein. Wie gehen gläubige Lesben und Schwule, bisexuelle, trans- oder intergeschlechtliche Menschen mit dieser Situation um?

Kein Zweifel: Unter den offiziellen Äußerungen zu Homosexualität aus den großen, in Deutschland vertretenen Glaubensgemeinschaften überwiegen verhalten-skeptische bis verurteilende Stimmen. Bisexuelle, trans- oder intergeschlechtliche Menschen stehen weniger im Fokus, werden aber auch selten offen willkommen geheißen.

Queer und gläubig sein, geht das?

Wegen LSBTIQ*-skeptischen oder -feindlichen Äußerungen von religiöser Seite oder auch persönlichen Ausschlusserfahrungen halten viele LSBTIQ* und ihre Communitys Distanz zu religiösen Organisationen, manchmal auch zu Religion allgemein. Aber es gibt sie: Den schwulen Moscheebesucher, die transsexuelle lesbische Pastorin, das intergeschlechtliche Pfarrgemeinderatsmitglied, den bisexuellen Theologen. 

Allerdings finden sich LSBTIQ*, die selbst gläubig sind oder sich für Spiritualität und Glaube interessieren, oft in einer zweifach – von anderen LSBTIQ* und von anderen Gläubigen – unverstandenen Position wieder. 

Manche erleben Phasen, in denen ihre sexuelle Orientierung oder ihr Geschlecht und ihr Glaube in einer Spannung zueinander stehen. Andere sehen ihr Lieben und Sein im Einklang mit ihrem Gottesbild und der Ethik, die ihre Religion ihnen vermittelt. Oder sie berichten sogar, dass ihre Gottesbeziehung oder Spiritualität eine Kraftquelle auch in der Auseinandersetzung mit LSBTIQ*-feindlichen Umgebungen sei.

Getrennte Welten verbinden: Vernetzung, Aufklärung, theologische Spurensuchen 

Viele gläubige LSBTIQ* suchen Kontakt zu anderen LSBTIQ* in ihrer Glaubensgemeinschaft, um sich gegenseitig zu unterstützen. Manchen ist es auch wichtig, cis-heterosexuelle Gläubige mehr über gleichgeschlechtliche Partnerschaften, Inter- oder Transgeschlechtlichkeit erfahren zu lassen, um Vorurteile und Nichtwissen abzubauen. 

Andere setzen sich mit den Begründungen für religiöse Verurteilungen von Homosexualität oder für eine starre Mann-Frau-Unterscheidung auseinander. Sie fordern zum Beispiel, die jeweiligen Belegstellen in den heiligen Schriften in ihrem historischen Kontext und Aussagezusammenhang zu betrachten. Oder sie gehen alternativen Lesarten oder Traditionslinien in der Geschichte ihrer Glaubensgemeinschaft nach, die ein LSBTIQ*-offeneres Verständnis von Partnerschaft, Sexualität und Geschlecht nahe legen.

Im Miteinander der Gemeinde erfahren LSBTIQ* bisweilen mehr Offenheit und Wertschätzung, als die offizielle Haltung der jeweiligen Leitung vermuten lassen. Manche gründen jedoch auch eigene Gruppen oder Gemeinden – mitunter gemeinsam mit Gläubigen, die sich aus anderen Gründen in restriktiveren Gemeinden nicht wohl fühlen.