Thema
Lebensbereich

LSBTIQ* sein und Rassismus in der Community erfahren

In Deutschland lesbisch, schwul, bi, trans- oder intergeschlechtlich zu sein, ist nicht für alle gleich: Schwarze Deutsche, Rom*nja und Sinti*ze1, Menschen mit Migrationsgeschichte und andere LSBTIQ* of Color müssen sich zusätzlich mit Rassismus auseinandersetzen – auch in LSBTIQ*-Szenen.

Welche Erfahrungen machen LSBTIQ* of Color in LSBTIQ*-Szenen in Deutschland?

Rassistische Ausschlüsse gehören für viele Menschen zum Alltag. Das ist auch in LSBTIQ*-Räumen und -Organisationen der Fall. 

So besteht dort oft keine ausreichende Beratungskompetenz zu Themen, die LSBTIQ* mit Rassismuserfahrungen und/oder ohne sicheren Aufenthaltsstatus betreffen. Auch sehen sie sich in Leitungspositionen und in der Bildsprache queerer Organisationen kaum vertreten. 

Gleichzeitig werden Homofeindlichkeit und Sexismus oft zum Problem bestimmter „Kulturen“ oder Religionen erklärt. LSBTIQ*, die aufgrund ihrer Herkunft oder ihres Aussehens damit assoziiert werden, erleben dadurch Ausschlüsse aus der eigenen Community.

Zudem gilt in der weißen LSBTIQ*-Szene meist das Comingout in der Familie, am Arbeitsplatz und im Freundeskreis als Königsweg der Befreiung von LSBTIQ*-feindlicher Unterdrückung. Mehrfachdiskriminierte LSBTIQ* wollen oder müssen aber oft andere Prioritäten setzen, gerade wenn sie weder die Mehrheitsgesellschaft noch ihre LSBTIQ*-Communitys als Schutzraum erleben. 

Wie gehen LSBTIQ* of Color mit dieser Situation um?

LSBTIQ* mit Rassismuserfahrung finden unterschiedliche Umgangsstrategien:

  • Manche wählen bewusst aus, wem sie etwas über ihre sexuelle Orientierung oder ihr Geschlecht mitteilen oder nicht (Konzept des „Einladens“ oder: „Inviting-in“ statt „Comingout“).
  • Manche vernetzen sich mit anderen Queers of Color, um sich gegenseitig zu stärken und eine Pause von rassistischen oder LSBTIQ*-feindlichen Belehrungen und Abwertungen zu erhalten. Einige Organisationen und Gruppen von LSBTIQ* of Color finden sich unter „Angebote“ auf dieser Webseite. Regional können auch Landesantidiskriminierungsstellen weitervermitteln.
  • Manche nehmen Beratung und psychologische Unterstützung in Anspruch. Denn Alltagsrassismus kostet Kraft und schadet der Gesundheit – das kann man nicht immer allein stemmen. Bei der Suche nach rassismussensiblen Therapeut*innen, die in unterschiedlichen Sprachen arbeiten, können zum Beispiel Migrant*innen-Selbstorganisationen helfen.
  • Manche nutzen für konkrete Fragen auch die Angebote oder Materialien regulärer LSBTIQ*-Anlaufstellen, die zum Beispiel Beratung in unterschiedlichen Sprachen anbieten, sich mit Einwanderungsthemen beschäftigt und/oder rassismuskritische Trainings durchlaufen haben. 
  • Manche suchen Infomaterial zu LSBTIQ*-Lebensweisen für ihre Familie oder ihr Umfeld. Einiges gibt es zum Beispiel in arabischer, englischer, russischer und türkischer Sprache.

1 Bei "Rom_nja und Sinti_ze" handelt es sich um die gegenderte Version von "Roma und Sinti". Vgl. Neue deutsche Medienmacher e. V. (2019): "Roma" sowie "Sinti". In: NdM-Glossar. Wörterverzeichnis der Neuen deutschen Medienmacher*innen (NdM) mit Formulierungshilfen, Erläuterungen und alternativen Begriffen für die Berichterstattung in der Einwanderungsgesellschaft. Zuletzt abgerufen am 09.05.2022 von https://glossar.neuemedienmacher.de/glossar/kategorie/06-sinti-und-roma/.

 

Auch interessant