Queer leben in Deutschland: Jahresrückblick 2022

Queer leben in Deutschland: Jahresrückblick 2022

2022 war ein bewegtes Jahr in der queeren Community. Wir gedenken der Gewaltopfer und lenken gleichzeitig den Blick auf positive Entwicklungen wie den Aktionsplan „Queer leben“, der uns in den kommenden Jahren begleiten wird.

Übergriffe bei queeren Veranstaltungen

Queer- und insbesondere Trans*-Feindlichkeit sind nach wie vor ein Problem in Deutschland und haben im Jahr 2022 erschreckenderweise in Quantität und Gefährlichkeit zugenommen. Im April 2022 wurde ein 15-jähriges trans*-Mädchen fast totgeprügelt; Anfang September wurde der junge trans* Mann Malte C. beim CSD in Münster niedergeschlagen, nachdem er zwei Frauen zu Hilfe geeilt war. Er verstarb an den Folgen. Bei mehreren weiteren CSD-Kundgebungen in deutschen Städten kam es zu gewalttätigen Übergriffen. Bundesweit demonstrierten daraufhin tausende Menschen bei Mahnwachen und anderen Veranstaltungen der queeren Community gegen Gewalt und für ein friedliches, vielfältiges Miteinander.

Mehr zum Thema Gewalt gegen und Diskriminierung von LSBTIQ*-Menschen:

•    Diskriminierung und Gewalt gegen intergeschlechtliche Menschen
•    Diskriminierung und Gewalt gegen transgeschlechtliche Menschen
•    Diskriminierung und Gewalt gegen Lesben, Schwule und Bisexuelle

Diskriminierung im Zusammenhang mit sexuell übertragbaren Krankheiten

Auch die Diskussion um den Ausbruch der sogenannten „Affenpocken“ (inzwischen wird von MPox gesprochen) in Deutschland zeigte, dass Menschen mit nicht-heteronormativer Lebensweise schnell Zielscheibe von Ängsten und Vorurteilen werden. Infektionen traten zunächst häufig bei Männern auf, die sexuelle Kontakte mit anderen Männern hatten. Das Risiko beschränkt sich jedoch nicht auf diese Gruppe, sondern wird generell durch engen Körperkontakt übertragen (mehr Infos zur Krankheit unter: www.aidshilfe.de/affenpocken). Wie auch bei HIV und anderen sexuell übertragbaren Krankheiten ist Aufklärung wichtig, um Ansteckungen, aber auch Diskriminierung zu vermeiden.

Mehr zum Thema HIV

Bundesweiter Aktionsplan „Queer leben“ beschlossen

Um für einen besseren Schutz vielfältiger Lebensformen und mehr Aufklärung zu sorgen, wurde im November 2022 der bundesweite Aktionsplan „Queer leben“ beschlossen. Er enthält Empfehlungen für Vorhaben in sechs Handlungsfeldern: rechtliche Anerkennung, Teilhabe, Sicherheit, Gesundheit, Stärkung von Beratungs- und Communitystrukturen sowie Internationales.

Hier geht es zum Aktionsplan „Queer leben“.

Erster Queer-Beauftragter der Bundesregierung

An den Beschluss des Aktionsplans „Queer leben“ schließt sich nun die konkrete Ausgestaltung, Priorisierung und Umsetzung der Maßnahmen an. Dafür ist ein ressortübergreifender Arbeitsprozess gemeinsam mit Verbänden und unter Einbeziehung der Länder vereinbart. Koordiniert wird dieser Prozess von Sven Lehmann, der im Januar 2022 als erster Beauftragter für die Akzeptanz sexueller und geschlechtlicher Vielfalt (Queer-Beauftragter) von der Bundesregierung eingesetzt wurde. „Das neu geschaffene Amt des Queer-Beauftragten zeigt, wie wichtig der Bundesregierung die Akzeptanz von Vielfalt ist. Jeder Mensch soll frei, sicher und gleichberechtigt leben können“, erklärte Sven Lehmann anlässlich seiner Ernennung.

Mehr über Sven Lehmann, den Parlamentarischen Staatssekretär bei der Bundesfamilienministerin.

Ausblick auf 2023: Sicherheit, Gesundheit und Selbstbestimmung

Vorgesehen sind im Rahmen des Aktionsplans „Queer leben“ 2023 unter anderem Maßnahmen zur Reform des Abstammungs- und Familienrechts, zum Ausbau der Forschung und Datenerhebung zur Lebenssituation von LSBTIQ*, zum Gewaltschutz und zur Verbesserung der Gesundheitsversorgung. Auch soll das Transsexuellengesetz (TSG) durch ein Selbstbestimmungsgesetz ersetzt werden. Dazu gehört ein Verfahren beim Standesamt, das die Personenstandsänderung grundsätzlich per Selbstauskunft ermöglicht.

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